Gesellschaftspolitische Impulse

Bernhard Sandfort -- Ausstellungsansicht "Freiheit ist wie ein Vogel sein" – Augenladen, 1980
Bernhard Sandfort -- Ausstellung "antworten – untersuchen – verstärken" – 1978
Soziale und kognitive Dimension
des Galerieraumes
"...Bald hat Sandfort jedoch auch die soziale und kognitive Dimension des Galerieraumes, nicht nur die sensorische, entdeckt. Im Kontext der 1960er-Jahre lag es nahe, auch die materielle und ökonomische Basis des Galerieraumes, nicht nur die ästhetische, zu untersuchen, also die Galerie als realen Raum und als reales Objekt zu behandeln und nicht nur als ästhetisches Farb-, Zeichen- bzw. Malfeld. In den revolutionären 1960er-Jahren wurden alle alten Institutionen der Gesellschaft kritisch hinterfragt. Der Galerieraum und das Museum blieben davon nicht ausgeschlossen. Eine Kunst, welche die Grenzen zum Leben aufheben wollte, konnte mit dem Ideal des White Cube (Brian O’Doherty, Inside the White Cube: The Ideology of the Gallery Space, 1976) nicht mehr zufrieden sein. Die Künstler wollten durch das Kunstsystem nicht mehr fremdbestimmt werden, sondern zu den Besuchern ein direktes und neues Verhältnis herstellen.

Mit der Eröffnung der Galerie für kollektive Kunst 1969 in Berlin, der ersten Produzentengalerie in Deutschland, beginnt neben der Tätigkeit als Maler das gesellschaftspolitische Engagement von Bernhard Sandfort. Als Kritik an dem sich etablierenden System des Kunstmarktes sucht er eine Möglichkeit, Kunst direkt und ohne Umwege an den Kunden zu bringen. Im Zuge dieser Direktvermarktungsmöglichkeit eröffnete er 1970 seine Produzentengalerie Augenladen in Mannheim. Hier organisiert Sandfort seitdem neben Ausstellungen auch Veranstaltungen zu gesellschaftspolitischen Fragen. Mit publizistischen und öffentlichen Aktionen wie etwa „Woran merken Sie, dass Sie in der Bundesrepublik in einer Demokratie leben?“ (1978) stellt der Künstler den politischen Status quo zur Diskussion.
Eines der hieran anknüpfenden und bis in die Gegenwart fortgeführten Projekte ist Bernhard Sandforts virtuelles Museum der Fragen, das 1977 in Mannheim etabliert worden ist.

Es wendet sich nicht nur an den Besucher der Produzentengalerie Sandforts, sondern bezieht auch den „normalen“ Bürger auf der Straße mit ein. In Form von performativen Befragungen hat Sandfort über Jahrzehnte hinweg im öffentlichen Raum die Möglichkeit zum Stellen von Fragen angeboten und diese im Archiv des Museums der Fragen dokumentiert. So werden die im Laufe der Zeit sich abzeichnenden kollektiven Mentalitätswechsel darstellbar, die mal aus einem gesellschaftlichen Engagement heraus resultieren, mal persönlichen Ursprungs sind. Trotz des stetigen und sich potentiell steigernden Wissenszuwachses hat sich die Anzahl der Fragen - sei es auf wissenschaftlicher, politischer oder persönlicher Ebene —- nicht reduziert, im Gegenteil."

(Zitat Peter Weibel, Vorstand ZKM)
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